Das Denkmal der grauen Busse erinnert an einen dunklen Teil der Hadamarer Stadtgeschichte. Es steht als Mahnmal für die grausamen Taten der Nationalsozialisten und ist damit ein eindringliches Zeichen des Gedenkens und der Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Politik. Bereits 2019 machte der Bus im Rahmen einer Wanderausstellung Station in Hadamar. Seit 2023 steht nun an der Ecke Neue Chaussee/Am Bahnhof ein fester Abguss des Denkmals.
Das von dem Künstler Dr. Horst Hoheisel und dem Architekten Andreas Knitz ab 2005 entwickelte Mahnmal erinnert an die Bustransporte im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ zu den sechs im damaligen Deutschland verteilten Tötungsanstalten. Ein Großteil der rund 10.000 überwiegend psychisch erkrankten und behinderten Patienten wurde mit diesen, als „graue Busse“ bekannt gewordenen Fahrzeugen in die Tötungsanstalt Hadamar gebracht. Hierfür wurde im Rahmen der „T4“-Organisation ein eigenes Transportunternehmen gegründet, dem Busse der Reichspost zur Verfügung gestellt wurden.
Weg des Denkmals der grauen Busse nach Hadamar
Das Denkmal existiert in zwei Ausführungen. Zum einen als feste Installation und zum anderen als eine mobile Version, welche seit 2007 an wechselnden, für die „Aktion T4“ und die nationalsozialistische „Euthanasie“ wichtigen Standorten in Deutschland zu sehen ist. Von Ende Mai 2018 bis Januar 2019 stand das mobile Denkmal auf dem Schlossplatz Hadamars und hat das Stadtbild geprägt. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Mahnmal – auch an den beiden damaligen Dauerstandorten vor der Forensischen Psychiatrie in Ravensburg-Weißenau und am Landeshaus des Landschaftsverbandes Rheinland in Köln – war bereits kurz nach Ausstellungsende klar, dass Interesse an einer dauerhaften Installation besteht. So wurde im September 2019 bei der Stadtverordnetenversammlung ein Antrag zur Errichtung eines dauerhaften Denkmals im Zentrum von Hadamar eingereicht.
Im Herbst 2023 war es dann soweit: Das Kooperationsprojekt zwischen der Stadt Hadamar, dem Förderverein der Gedenkstätte Hadamar und der Gedenkstätte Hadamar wurde in die Tat umgesetzt. Dies ist nicht zuletzt aufgrund einer umfassenden Finanzierungskooperation gelungen, an welcher die Stadt Hadamar, der Förderverein der Gedenkstätte, der Landeswohlfahrtsverband Hessen, das Land Hessen und eine großzügige Spendenaktion beteiligt waren.
Am 20. September 2023 fuhren schwere Baufahrzeuge durch Hadamar. Das knapp 9 Meter lange, 2,50 Meter hohe und 72 Tonnen schwere Mahnmal wurde in fünf Teilen angeliefert und unter dem Einsatz vieler fleißiger Hände aufgestellt. Durch die Mitte führt ein schmaler Gang. Auf einer der Betonwände ist die Inschrift „Wohin bringt ihr uns? 1940/41“ eingraviert. Diese Frage geht auf die Aussage eines der ahnungslosen Patienten zurück, welcher von einem der „grauen Busse“ abgeholt und in die Tötungsanstalt transportiert wurde.
Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Schüler der Tiefbauklasse der berufsbildenden Friedrich-Dessauer-Schule Limburg und deren Schulleiter Stefan Laux. Gemeinsam haben sie das Planum zur Errichtung des Denkmals erstellt und den Standplatz in Form eines kleinen Parks angelegt. Ein weiterer Dank geht in diesem Zusammenhang an den städtischen Bauhof, der sich um die Pflege der Anlage kümmert.
Am 18. Oktober 2023 fand die feierliche Übergabe des in Bad Kissingen hergestellten Abgusses, einer Kopie des Originaldenkmals aus Ravensburg-Weißenau, an die Öffentlichkeit Hadamars im Rahmen einer offiziellen Einweihung mit Mitwirkenden, Angehörigen der Opfer und politischen Vertretern statt. Stadtverordnetenvorsteher Michael Lassmann bezeichnete das Denkmal in seiner Eröffnungsrede als ein „wichtiges Gut, welches für den Erhalt unserer Demokratie unerlässlich sein wird“. Bürgermeister Michael Ruoff bedankte sich ausdrücklich bei allen Mitwirkenden und Förderern, „die mit einer solch großen Beharrlichkeit und Unterstützung die Errichtung des Denkmals nun endlich möglich gemacht haben“.
Hadamar stellt sich seiner Geschichte
Der Standort an der Kreuzung zwischen dem alten Güterschuppen und der Neuen Chaussee in der Nähe des Bahnhofs ist dabei bewusst gewählt. Der neu errichtete kleine Gedenkpark liegt in direkter Weg- und Sichtachse zum Mönchberg, auf dem sich die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie die Gedenkstätte Hadamar befinden. Auf dem Mönchberg wurden in der NS-Zeit auch die Patienten des letzten Transports aus Ravensburg-Weißenau getötet, nachdem die Tötungsanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb bereits stillgelegt worden war. Dass ein Abbild des Originaldenkmals aus Ravensburg-Weißenau nun seinen festen Standort in Hadamar gefunden hat, ist daher in vielerlei Hinsicht historisch bedeutend und erinnert an die tragische Verbindung zwischen den beiden Orten.
Zudem handelt es sich um einen durch den Durchgangsverkehr hochfrequentierten Platz. Der Standort liegt an einer viel befahrenen Straße, auf der der Verkehr durch Bahnschranken immer wieder zum Halten gebracht wird. Vielleicht auch zum Innehalten?
Das Denkmal begreift die Stadt Hadamar als Bestandteil einer lebendigen Erinnerungskultur, damit die unzähligen Opfer des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten. In Kooperation mit der Gedenkstätte fördert das Mahnmal so eine erneuerte, aktive Erinnerungskultur. Weitere Informationen zu den „Euthanasie“-Verbrechen der Nationalsozialisten in Hadamar finden Sie auf der Webseite der Gedenkstätte Hadamar.