Hadamar-Steinbach. Anlässlich des Starts seiner „Hadamarer Hofrunde“ besuchte Bürgermeister Michael Ruoff in der vergangenen Woche den Hof Birkeneck in Steinbach. Begrüßt wurde er dort von Familie Schneider, die hier unter dem Firmennamen „Meat by nature“ ein Unternehmen führt, das sich ganz der nachhaltigen Produktion von hochwertigem Fleisch verschrieben hat.
„Alles fing an, als ich beruflich nach Spanien reiste und dort den qualitativ hochwertigen Ibérico Schinken kennenlernte. Ich stellte schnell fest, dass es in Deutschland kein vergleichbares Produkt gibt“ erklärt Inhaber Manuel Schneider und führt seine Besucher über die teils von der Stadt Hadamar gepachteten Weiden, auf denen neben Limousin-Rindern auch Wasserbüffel stehen. Schnell entwickelte sich die Idee zur eigenen Herstellung von hochwertigem Schweinefleisch. 2016 schaffte er sich zehn Schweine unterschiedlichster Rassen an, um rauszufinden welche sich besonders für die Freilandhaltung eignen und inwieweit man durch gezielte Fütterung und andere Haltungsbedingungen die Fleischqualität beeinflussen kann.- zunächst als Hobby und zur Selbstversorgung. Die Festlegung auf die Rasse Duroc in Freilandhaltung mit speziell abgestimmter saisonaler Fütterung war das Ergebnis. Das Fleisch kam jedoch auch über den privaten Kreis hinaus sehr gut an. Auch der Direktor des Hotels Nassau Oranien, Heino Krämer, war begeistert von der Qualität des Duroc Schweins und setzte es kurzerhand auf die Speisekarte seines Restaurants. Das war der Startschuss für den nächsten Schritt: auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Haltung von Weideschweinen auszubauen, traf es sich gut, dass der befreundete Landwirt Peter Josef Bausch anbot, seinen Hof Birkeneck in Steinbach weiterzuführen, da er mit 80 Jahren kürzertreten wollte. Schon im Herbst 2017 wurde mit der ersten eigenen Aussaat von Getreide zur Futtermittelherstellung begonnen. Ein neuer Offenfrontstall mit freiem Weidegang für Schweine wurde geplant, gebaut und im Herbst 2018 in Betrieb genommen. Dieser erlaubt die Kombination aus Weide- und Stallhaltung, sodass die Vorteile beider Haltungsformen genutzt werden können. Er ist mit speziellen Details ausgestattet, die aus den Erfahrungen der „Hobbyhaltung“ entstanden sind und ist in ihrer Kombination in Hessen wenn nicht sogar in Deutschland einzigartig sind.
Das Motto der Schweinehaltung lautet Tiergerecht-Nachhaltig-Lecker diese Faktoren sind für Manuel Schneider untrennbar miteinander verbunden.
Aktuell hält er 120 Duroc Schweine. Dabei handelt es sich um eine aus den USA stammende Kreuzung von roten Jersey-Schweinen (aus New Jersey) und europäischen Iberico Schweinen. Ihr zartes Muskelfleisch zeichnet sich vor allem durch ein hohes Maß an intramuskulärem Fett aus, das eine sehr feine Marmorierung mit sich bringt. Die Duroc-Schweine von Manuel Schneider bekommen selbst angebautes Futter bestehend aus eigenem Getreide, saisonal Kartoffeln und Grassilage. Geschroteter Raps und Erbsen anstatt Sojafutter. Als Eiweisfutter werden geschroteter Raps und eigene Erbsen verfüttert, anstatt dem meist genveränderten Soja. Sie haben das ganze Jahr hindurch den Zugang zu natürlichem Weidefutter, im Herbst fressen Sie Eicheln und haben Auslauf und viel Platz sich zu suhlen und zu bewegen. Nach einem Jahr werden die Tiere geschlachtet. Im Vergleich zu einem typischen Mastschwein, lebt das Weideduroc ein halbes Jahr länger und wird somit doppelt so alt. Der Kilopreis Bratwurst liegt bei Hof Birkeneck bei 13,50€. Im Supermarkt ist ein Kilo Bratwürste schon zum Angebotspreis von 4,90€ zu haben.
Auch in Folge des jüngsten Fleischskandals, stellen immer mehr Menschen die Massentierhaltung und die Billigfleischproduktion in Frage und werden sich dem gegenwärtigen System der Fleischproduktion zunehmend bewusst.
„Daher ist es besonders schön zu sehen, dass es auch positive Beispiele der Fleischproduktion gibt und noch dazu direkt bei uns vor der Haustür. Regional und artgerecht“ sagt Bürgermeister Michael Ruoff begeistert. Auf Hof Birkeneck werden fünf Schweine in der Woche geschlachtet. Die Wurst wird ohne Geschmacksverstärker hergestellt. Das Angebot im eigenen Hofladen und im Onlineshop umfasst traditionelle „Bichseworscht“ bis hin zu Koteletts, Fleischwurst, Nacken- und Hüftsteaks sowie die Durami-Wurst. Die Kunden sind neben der Gastronomie, vorrangig Privatpersonen aus der Region aber kommen auch aus großen Städten wie Darmstadt und Köln nach Steinbach. „Unsere Kunden kommen am Wochenende mit der ganzen Familie vorbei und zeigen ihren Kindern wie die Tiere gehalten werden. So bekommen die Kunden einen direkten Bezug zum Produkt und vor allem zur artgerechten Tierhaltung“ sagt Manuel Schneider. Carina Schneider fügt hinzu „Vor allem Menschen, denen das Tierwohl am Herzen liegt kaufen bei uns ein und sind bereit mehr Geld für Fleisch zu bezahlen und gleichzeitig weniger davon zu essen.“ Der Kunde setzt auf Qualität anstatt Quantität, möchte mit seinem Konsum die nachhaltige Landwirtschaft und die artgerechte Tierhaltung unterstützen.
Aktuell kauft Manuel Schneider Ferkel für seinen Bestand hinzu. Zukünftig möchte er selbst in die Duroc-Schwein Züchtung einsteigen und plant Weideflächen für Sauen und Ferkel. Momentan ist er hauptberuflich selbständiger Sachverständiger und widmet sich nach Feierabend im Nebenerwerb den Tieren und dem Hof und sagt „ich hoffe, dass meine Kinder einmal im Vollerwerb von der nachhaltigen Landwirtschaft leben können.“
Im Rahmen der „Hofrunde“ besucht Bürgermeister Michael Ruoff in den Sommermonaten dieses Jahres verschiedene Erzeugerbetriebe im Hadamarer Land, um sich ein genaues Bild vom vielfältigen nachhaltigen Nahrungsmittel-Angebot in Hadamar zu machen.
