Aus dem Stadtmuseum: Von den Lichtspielhäusern in Hadamar

Ein alter Kino-Projektor erinnert im Stadtmuseum an vergangene Institutionen in Hadamar

Wer einmal im Stadtmuseum Hadamar seinen Blick von den Werken Karl Wilhelm Diefenbachs oder Ernst Moritz Engerts löst und auf Entdeckungsreise geht, trifft bald in einem Nebenraum auf ein besonderes Ausstellungsstück. Es handelt sich um eine wuchtige, über 2 m hohe Maschine, daneben eine Reihe Kinostühle und Filmplakate. So lässt sich in diesem Ungetüm schnell einen Kinoprojektor erkennen.

Kinoprojektoren waren schon immer Meisterstücke des Maschinenbaus. Geht es doch darum, ein 35 Millimeter breites Zelluloseband mit etwa 30 Meter pro Minute aus einer Trommel zu ziehen, danach 24 mal in der Sekunde abrupt anzuhalten und dabei mit einem brennend heißen Lichtstrahl auf eine Leinwand zu projizieren, um es dann zum Abnehmen des Tons sofort wieder in die ursprüngliche gleichförmige Bewegung zu versetzen. Dabei ergeben sich eine Vielzahl mechanischer, wärmetechnischer und optischer Probleme, die sämtlich so gelöst wurden, dass Filmprojektoren über Jahrzehnte im Grunde unverändert gebaut und nur im Detail verbessert wurden.

Bei dem Kinoprojektor im Stadtmuseum Hadamar handelt es sich nach dem Typenschild um ein Fabrikat der Fa. Zeiss-Ikon, Modell „Ermann VII B“. Er wurde zwischen den Jahren 1936 und 1951 gebaut und erfuhr im Laufe seines Lebens erhebliche Veränderungen. So stammt das eingebaute Lichttongerät von der Konkurrenzfirma Bauer. Das gleiche gilt für das Lampenhaus, in dem darüber hinaus später die ursprüngliche Kohlebogenlampe durch eine Xenon-Lampe ersetzt wurde. Betrieben wurde die Maschine bis zum Jahr 1985 in den „Nassauer-Hof-Lichtspielen“ in Hadamar. Seitdem befindet sie sich im Stadtmuseum Hadamar und illustriert hier das Thema „Kino“, dessen Bedeutung für das Leben in der seinerzeit bis auf die Tageszeitung medienfreien Kleinstadt Hadamar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Die Geschichte der „Lichtspiele“, wie man sie damals nannte, in Hadamar ist lange. Schon im Jahre 1919 eröffnete die Kauffrau Hedwig Siebert in ihrem Geschäftshaus in der Borngasse (heute Fa. Mode-Krekel) ein erstes Kino, die „Nassovia-Lichtspiele“. Wie schwierig das war, mag der Umstand illustrieren, dass es damals in Hadamar noch kein elektrische Licht gab und für das Kino ein eigener Generator angeschafft und betrieben werden musste. Aber es waren nicht technische, sondern wirtschaftliche Probleme der Inflationszeit, die dazu führten, dass der Betrieb dieses Kinos 1923 wieder eingestellt werden musste. Nachdem sich die Zeiten beruhigt hatten, eröffnete 1926 ein Limburger Kinobetreiber im Nassauer Hof (heute Hotel Nassau-Oranien) die „Nassauer-Hof-Lichtspiele“. Sie gingen 1928 an August Seibel, Hans Eichmann und Franz Ohlenschläger und damit in Hadamarer Hände über. 1929 eröffnete Hedwig Siebert wieder ihre „Nassovia - Lichtspiele“. Nun gab es über Jahrzehnte in Hadamar zwei Kinos.

Ursprünglich fanden in beiden Kinos nur an den Wochenenden Vorstellungen statt, spätestens seit Einführung des Tonfilms im Jahre 1934 dann aber täglich. Schwerpunkt blieben jedoch die Wochenenden mit samstags bis zu 5 Vorstellungen. Dann füllten gute Filme in jedem der beiden Kinos alle 200 Plätze und waren in der gesamten folgenden Woche Gesprächsstoff in Hadamar.

Nicht übersehen werden darf die wirtschaftliche Bedeutung beider Kinos. Reichtümer warfen sie zu keiner Zeit ab und so manches Mal mussten erst ein paar Eintrittskarten verkauft werden, um am Bahnhof das dort eingegangene Paket mit den Filmrollen auslösen zu können. Aber die Kinos gaben ihren Eigentümern ein Einkommen. Darüber hinaus ermöglichten sie dem Personal, sich etwas hinzu zu verdienen. Das waren die Filmvorführer, die Platzanweiserinnen und die Reinigungskräfte.

Mit dem Aufstieg des Fernsehens ging die Zeit der Hadamarer Kinos zu Ende. Als erstes stellten 1964 die „Nassovia–Lichtspiele“, die inzwischen von Karl Siebert, dem Sohn der Hedwig Siebert, geführt wurden, den Betrieb ein. 1985 folgten dann die „Nassauer-Hof-Lichtspiele“, die damit 57 Jahre bestanden hatten und noch immer von dem inzwischen hochbetagten August Seibel geführt wurden.

Autor: Hartmut Kuhl, Hadamar

Fotos: Stadtmarketing, Hadamar