Hadamar in der Postkutschenzeit

Vor wenigen Jahren konnte die Stadt Hadamar dieses 36 cm x 48 cm große Gemälde von einem Hadamarer Bürger erwerben. Es ist im Stadtmuseum Hadamar ausgestellt und bietet einen Blick vom Herzenberg auf den Elbbach, auf die Liebfrauenkirche und auf die Ägidienkirche.

Vor wenigen Jahren konnte die Stadt Hadamar dieses 36 cm x 48 cm große Gemälde von einem Hadamarer Bürger erwerben. Es ist im Stadtmuseum Hadamar ausgestellt und bietet einen Blick vom Herzenberg auf den Elbbach, auf die Liebfrauenkirche und auf die Ägidienkirche. Das Bild führt in eine Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt und in der Hadamar doch ganz anders aussah als heute. Unverändert geblieben ist der hier angestaute Elbbach mit seinen dicht bewachsenen Ufern, noch immer steht dahinter die Liebfrauenkirche und noch immer überragt die Ägidienkirche das Tal. Aber in den Einzelheiten hat sich so manches geändert. Auf dem Bild haben die Klostergebäude neben der Ägidienkirche noch das alte Mansarddach, während von der modernen Bebauung des Mönchbergs zu Anfang der 1880er Jahre nichts zu sehen ist. Die Liebfrauenkirche trägt noch ihren barocken, haubenförmigen Dachreiter, der erst nach 1880 durch das heutige spitze Türmchen ersetzt wurde.  Nur der alte Friedhof an der Liebfrauenkirche scheint unverändert, bis auf den Eisenbahndamm dahinter, der erst 1886 gebaut wurde. Anstelle der Eisenbahn bedient eine Postkutsche auf der Siegener Straße am unteren Bildrand den Verkehr. Daneben, auf der Wiese zwischen Straße und Elbbach, befindet sich der Waschplatz. Eine der Wäscherinnen wäscht am Ufer, eine andere breitet Laken und Hemden zum Bleichen aus und eine dritte faltet die getrocknete Wäsche auf einem Tisch im Schatten eines Baumes. Die Hartmannsbrücke fehlt natürlich, da sie wurde erst 1911 gebaut.

Signiert ist das Bild links unten mit „H. Wiedemann 1846“. Hermann Wiedemann wurde am 25. Juni 1826 als Sohn des Kaufmanns und Bürgermeisters Martin Wiedemann in Hadamar geboren. Er besuchte das hiesige Gymnasium und machte Ostern 1848 sein Abitur. Zeichenlehrer des Gymnasiums war damals der Maler Leonhard Diefenbach (1814-1875), der Vater des Lebensreformers und Malers Karl Wilhelm Diefenbach (1851-1913). Unter Anleitung Leonhard Diefenbachs muss der Unterprimaner Hermann Wiedemann seine Ansicht von Hadamar gemalt haben, die in Gestaltung und Farbgebung so ganz dem Geist der biedermeierlich-romantischen Werke seines Lehrers entsprechen.

Etwas ganz Persönliches gibt es in dem Bild zu entdecken: Am linken Bildrand, am steilen Abbruchs des Herzenberges zur Siegener Straße hin, stellt ein Junge waghalsig Schmetterlingen nach. Hat sich hier der junge Wiedemann selbst verewigt? Er wollte übrigens Bauwissenschaften studieren, wurde aber Geistlicher und ist 1892 als Pfarrer zu Neuenhain im Taunus gestorben.